Freitagspredigt

Unsere Mütter

سْمِ اللهِ الْرَّحمَنِ الْرَّحِيمِ
وَ قَضَى رَبُّكَ ألاَّ تَعْبُدُوا إِلاَّ إِيَّاهُ وَ بِالْوَالِدَيْنِ إِحْساناً إِمَّا يَبْلُغَنَّ عِنْدَكَ الْكِبرَ أحَدُهمَا أوْ كِلاَهمَا فَلاَ تَقُلْ لهُمَا أُفٍّ وَ لاَ تَنْهَرْ همَا وَ قُلْ لهُمَا قَوْلاً كَرِيماً

Bismillahirrahmanirrahim

[Im Namen Allahs, des Erbarmers, des Barmherzigen]
“Und dein Herr hat bestimmt, dass ihr nur Ihm dienen sollt. Und dass ihr eure Eltern gut behandeln sollt. Sollte einer von ihnen bei euch - oder beide - das hohe Alter erreichen, so sagt nicht “Uff!” zu ihnen und scheltet sie nicht. Sondern sprecht zu beiden in schönen Worten.”

[Sure “Isra”, Vers 23]

Verehrte Gläubige,

der Mensch ist nicht nur ausgestattet mit der Gabe des Verstandes, sondern mit dieser auch besondere Aufgaben innehabend. So hat er allen voran Allah zu dienen und seine Eltern gut zu behandeln.

Denn Allah, der Erhabene, schuf das ganze Universum und in ihm den Menschen. Und die Eltern schuf Er in diesem System als diejenigen, die uns auf die Welt bringen. Ein Kind, wenn es auf die Welt kommt, ist zunächst hilflos. Es bedarf bis zu einem bestimmten Alter der Fürsorge und der Obhut anderer. Die Eltern sind es dann, die dieses Kind versorgen und es aufziehen. Sie schützen es vor allen möglichen Gefahren und würden dafür zur Not sogar ihr eigenes Leben in Gefahr bringen.

In diesem System ist es insbesondere die Mutter, die sich mit dem Vater darum müht, dieses Kind aufzuziehen. Zur Not wird sie selbst nichts essen, und den letzten Bissen ihrem Kind geben. Denn ihr Schoß bedeutet Liebe und Geborgenheit.

Verehrte Muslime,

Allah gebietet uns, vor allen Dingen das Wohlwollen unserer Eltern zu suchen, damit wir auch Seines erlangen. [1] Und das Wohlwollen unserer Eltern wiederum erlangen wir, wenn wir sie gut behandeln und ihre Herzen erfreuen. Wir erlangen es, wenn wir uns um sie kümmern, ihrem Rat folgen und respektvoll mit ihnen umgehen. Wenn wir darauf achten, sie nicht zu kränken und uns ingesamt um sie kümmern, wenn sie etwas bedürfen. So heißt es hierzu in Sure “Isra”, Vers 23: “Und dein Herr hat bestimmt, dass ihr nur Ihm dienen sollt. Und dass ihr eure Eltern gut behandeln sollt. Sollte einer von ihnen bei euch - oder beide - das hohe Alter erreichen, so sagt nicht “Uff!” zu ihnen und scheltet sie nicht. Sondern sprecht zu beiden in schönen Worten.”

Verehrte Brüder und Schwestern,

immer öfter erleben wir, dass Eltern, die uns doch aufopferungsvoll aufgezogen haben, im hohen Alter allein zurückgelassen werden. Allein mit sich und ihren Problemen. Eltern zurückgelassen in und mit ihrer Einsamkeit, ihren Tränen und müde nach einem langen beschwerlichen Leben. Diese sind traurige Bilder, die unsere Herzen zutiefst wunden. Müssten uns hier nicht vielmehr Bilder des Glücks begegnen? Bilder der umgekehrten Aufopferungsbereitschaft, nämlich der nunmehr erwachsenen Kinder ihren Eltern gegenüber? Bilder der Geduld, der Barmherzigkeit und des wohlwollenden, gütigen Umgangs mit den Eltern? Nicht Last sollten sie uns sein, sondern Ehre und Glück. Kurzum sollten wir sie hier als Gabe betrachten.

Ein Hadis unseres Propheten (s.a.w.) lässt uns wissen, dass Güte ihnen gegenüber uns im Dies- wie im Jenseits mit Glückseligkeit belohnt wird. So sagte unser Prophet (s.a.w.) dereinst: “Wer ein langes Leben haben will und reichlich Versorgung (rızık, rizq) der sollte seine Eltern gut behandeln und seine Verwandten besuchen.” [2]

Und Verantwortung unseren Eltern gegenüber haben wir nicht nur zu ihren Lebzeiten, sondern auch nach ihrem Tod hinaus. So fragten sie dereinst unseren Propheten (s.a.w.): “O Gesandter Allahs! Kann ich etwas Gutes für meine Eltern tun, nachdem sie gestorben sind?” Der Gesandte (s.a.w.) antwortete: “Ja! Du kannst für sie beten und für sie um Vergebung bitten. Du kannst ihr Vermächtnis erfüllen, ihre Verwandten besuchen und dich um sie sorgen. Und du kannst ihre Freunde willommen heißen.” [3]

Verehrte Gläubige,

unsere Mütter nur an einem bestimmten Tag im Jahr zu ehren, und sie für den Rest des Jahres zu vernachlässigen, ist ihrer nicht würdig. Wir sollten ihnen vielmehr ein Leben lang Liebe und Respekt erweisen und uns fürsorglich um sie kümmern. Allah bewahre uns davor im Trott unseres Alltags und in den Wirrungen des irdischen Lebens unsere Eltern zu vernachlässigen. Er bewahre uns vor diesem hässlichen Los, das uns um unseren Lohn im Dies- aber auch im Jenseits bringen würde.

So möchte ich die heutige Predigt beenden mit einer tiefergreifenden Mahnung unseres Propheten (s.a.w.) in dieser Angelegenheit. Dreimal hintereinander sagte er: „Möge seine Nase den Boden scheuern!“ – „Wen meinst du damit o Gesandter Allahs?“ fragten ihn die Ashab. „Den, der seinen Vater oder seine Mutter oder auch beide im hohen Alter erlebt und es nicht schafft, durch sie ins Paradies zu kommen!“ [4]

[1] Tirmizi, Birr, 3.
[2] Et-Terghib ve’t-Terhib Bd. 3, S. 317.
[3] Abu Dawud, Adab, 20.
[4] Muslim, Birr, 9.

Şevket ŞİMŞEK
Religionsbeauftragter der DITIB Merkez-Moschee in Kassel
2012-05-11    


Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form ohne schriftliche Genehmigung der DITIB reproduziert, vervielfältigt oder verarbeitet werden.

Archiv 2007-2008  | 2009-2010