Freitagspredigt

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Von der Pilgerreise zur Reise zur Wahrheit
(04.09.2015)

Verehrte Geschwister!

Im rezitierten Vers sagt unser Erhabener Erschaffer Allah folgendes: “Und rufe die Menschen zur Pilgerfahrt. Lass sie zu dir kommen zu Fuß und auf allen möglichen Flinken Reittieren, aus den fernsten Gegenden.”1

Verehrte Gläubige!

Mit der Gande unseres erhabenen Erschaffers haben wir eine neue Zeit der Pilgerfahrt (Hadsch) erreicht. Wir verabschieden unsere Geschwister für ihre Pilgerfahrt zu den gesegneten Stätten des Hadsch, die sie als eines der fünf Säulen seit Jahren sehnsüchtigst zum Besuch der Kaaba erwarten. Aus diesem Anlass wünschen wir, dass die zu verwirklichende Pilgerfahrt aller Gläubigen seitens Allah angenommen wird und Sein Wohlwollen erlangt.

Werte Geschwister!

Als Muslime sind Gottesdienste unsere Pflichten, die unser Bewußtsein des Muslimseins vital halten und uns näher zu Allah bringen. Der Gottesdienst der Pilgerfahrt ist der Inbegriff, worin sich die Absicht zum Entschluss, und der Entschluss sich zur Handlung transformieren. Der Hadsch ist eine Sammelstelle der Symbole wie das Pilgergewand, die Talbiya, die Gebietsgrenze (Miqat), der Tawaf, der Sa´y, die Waqfa und das Opfer. Eine im Bewusstsein der Bedeutungen dieser Symbole und des Begreifens ihrer Weisheiten durchgeführte Hadsch verändert und erneuert den Menschen von Grund auf. Eine entsprechend den Bedingungen von jeglichem Bösen fern bleibend ausgeführte Hadsch läutert den Gläubigen von seinen Sünden. Nach der Aussage des Propheten (s) ist das Paradies der Gegenlohn dieser Pilgerfahrt.2

Meine Geschwister!

Der Hadsch ist im wahrsten Sinne des Wortes die Hingabe an Allah, dem Herren der Welten; und Widmung seiner selbst als hingebender und loyaler Diener an Allah. Die Pilgerfahrt ist die Zuwendung des Dieners an seinen Schöpfer Allah im Bewusstsein des Verses, von Allah gekommen und zu Ihm zurück zu kehren.3; und sich nur deshalb auf die Reise zu begeben, um allein Sein Wohlwollen zu erlangen. Über dem Ziel hinaus, zur Kaaba zu gelangen, ist vielmehr die Erlangung des Wohlwollens des Herren der Kaaba das eigentliche Ziel bei dieser Reise. Hadsch ist das Zusammentreffen des Verliebten (Dieners) mit dem Geliebten (Allah). Welch große Ehre für den Gläubigen, das Haus Allahs (Beytullah) in Liebe Allahs besuchen zu können. Welch große Ehre ist es für die Pilgerfahrer, als “Gast des Barmherzigen Allahs” (Rahman) genannt zu werden.

Die Pilgerfahrt ist eine große Prüfung. Auf dem Weg zu Allah befindet sich der Gläubige während dieses ganzen Gottesdienstes in einer harten Auseinandersetzung mit seinem Körper, seinem Besitz und seinem ganzen Ego. Während der Pilgerfahrt versuchen sich die Menschen gegenseitig mit Geduld und Langmut, sowie ethischer Vollkommenheit zu entgegnen. Aus dieser Sicht lehrt Hadsch den Gläubigen Geduld, Opferbereitschaft und Grossmut.

Verehrte Geschwister!

Die Pilgerfahrt ist auch gleichzeitig eine Läuterung. Als Schauplatz Allahs und das Haus seiner inneren Welt bereinigt der Gläubige sein Herz von den weltlichen Begierden und Besessenheiten, vom Joch seiner egoistischen und sinnlichen Triebe, sowie befreit er es mit der Pilgerfahrt von der Belagerung böser Empfindungen wie Neid, Hass und Groll. Mit einem völlig reinen Herzen wendet man sich somit dem völlig reinen Haus Allahs hinzu.

Hadsch ist das Zusammentreffen in der Geschwisterlichkeit. Auch wenn die Sprachen, Farben, Ethnien und Kulturen unterschiedlich sind, kommen jedes Jahr Millionen von Muslimen mit der identischen Absicht und mit dem gleichen Ziel in der geistigen Atmosphäre der islamischen Geschwisterlichkeit zusammen. Bei jedem Schritt der Pilgerfahrt gewinnt der Vers “Muslime sind offenkundig Geschwister”4 regelrecht erneute Belebung und vitalisiert die gläubigen Herzen.

Der Hadsch zeigt uns, dass es keine andere Überlegenheit außer der Frömmigkeit gibt. In einer Welt, in der die Menschen nach ihrer Hautfarbe separiert und nach ihren Posten, Titeln und ihrem Status bewertet werden, annulliert die Pilgerfahrt all diese Unterschiede. Als Individuum der islamischen Gemeinschaft erlebt der Gläubige während der Hadsch hautnah, welch einer großen Familie er angehört.

Werte Geschwister!

Wegen unbeeinflussbarer Gründe kann heutzutage - wie Sie wissen - nicht jeder die Pilgerfahrt antreten. Vergessen Sie bitte nicht; dass es keinen Unterschied darin gibt, die Freude zu erleben, die Pilgerfahrt antreten zu können und den Kummer in sich zu erfahren, nicht zur Hadsch fahren zu können. Es gibt solche Trübsal, die manchmal bei Allah wertvoller sind als viele Emfindungen der Freude. Unser Prophet (s) sagte: “Der Wert der Handlungen richtet sich nach den Absichten. Für jeden gibt es nur den Gegenwert der Absicht.”5 Folglich heisst es, dass unsere Absicht das Wichtige ist; die Leidenschaft, zu den gesegneten Stätten zu fahren immer in uns vorhanden sein sollte und der Kummer in uns, von dort entfernt zu sein oder dort nicht hinfahren zu können nie in uns fehlen sollte. Das Wichtige ist, die Liebe und Leidenschaft zumHaus Allahs (Kaabatullah) immer aufrecht zu erhalten. Das eigentlich uns zu bekümmernde sollte sein, dass unsere Liebe und Leidenschaft zu unserer Gebetsrichtung, der Kaaba, zu verlieren, welcher unsere Richtung und Geisteshaltung in unseren Herzen bestimmt.

Geehrte Geschwister!

Auch wenn wir die Pilgerfahrt antreten können oder nicht, sollten wir bemüht sein, aufrichtig zu glauben, uns hinzugeben und in Loyalität geistig, herzlich und sprachlich bemüht sein, ein aufrichtiger Diener Gottes zu sein. Lassen Sie uns keinen Augenblick vergessen, dass wenn auch wir nicht aktuell Pilgerfahrer sein können, wir doch jeden Moment Reisende auf dem Weg Gottes sind. Der an bestimmten “abzuzählenden Tagen” durchzuführende Hadsch endet irgendwann, aber unsere Dienerschaft dauert ein Leben lang an.

Wie lange wir auch auf dieser Welt leben, wird sind die Tage unseres Lebens gezählt, wie die Pilgertage auch. Lassen Sie uns deshalb diese Realität/Wahrheit erkennend anstatt sich an die vergängliche Welt zu binden an Allah, den Unvergänglichen zuwenden. Unser einziges Ziel sollte es sein, mit unbeflecktem Gesicht vor Gott anzutreten und solch ein Leben zu führen, dessen Rechenschaft wir unbedenklich ablegen können. Ich wünsche Ihnen einen segensreichen Freitag.

 

Die Predigtkomission

 

1. Hac, 22/27.
2. Buhârî, Umre, 1.
3. Bakara, 2/156.
4. Hucurât, 49/10.
5. Buhârî, Bedü’l-vahy, 1.
 

2015-09-04    


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