Freitagspredigt

Die Gedenkwoche zur Geburt des Propheten richtig verstehen


بِسْمِ اللهِ الْرَّحمَنِ الْرَّحِيمِ
يَا أَيُّهَا الَّذِينَ آمَنُواْ اسْتَجِيبُواْ لِلّهِ وَلِلرَّسُولِ إِذَا دَعَاكُم لِمَا يحْيِيكُمْ وَاعْلَمُواْ أَنَّ اللّهَ يحُولُ بَينَ الْمَرْءِ وَقَلْبِهِ وَأَنَّهُ إِلَيْهِ تحْشَرُونَ

Bismillahirrahmanirrahim
[Im Namen Allahs, des Erbarmers, des Barmherzigen]
“O ihr, die ihr glaubt! Folgt dem Ruf Allahs und seines Gesandten, wenn sie euch einladen zu dem, was euch aufleben lässt. Und wisset, dass Allah Platz einnimmt zwischen dem Menschen und seinem Herzen, und dass ihr am Ende bei Ihm zusammen geschart werdet.”


[Enfal, 8/24]

Verehrte Brüder und Schwestern,

in der Woche vom 14.-20. April 2012 begehen wir die “Gedenkwoche zur glückseligen Geburt des Propheten”.

Diese Gedenkwoche, die sich als Ausdruck unserer Liebe und Verbundenheit zum Propheten herausgeformt hat, ist uns alljährlich eine unschätzbare Gelegenheit, um uns das Leben, das Wirken und die Ermahnungen unseres Propheten nochmal in Erinnerung zu rufen. Umso wichtiger ist uns dieser Anlass, da wir alle gefordert sind, diese Botschaften des Propheten, der als Barmherzigkeit für alle Welten entsandt wurde, [1] zunächst kennen zu lernen, richtig zu verstehen und schließlich umzusetzen.

Verehrte Gläubige,

unser Prophet ließ uns wissen, dass er auf die Welt gesandt sei, um die gute Moral, die guten Charektereigenschaften (ahlak) der Menschen zu vervollmommnen. [2] Seine Ehefrau Aischa, gefragt nach dem Charakter und der Wesensart des Propheten, fragte zurück: “Lest ihr denn nicht den Koran? Sein Charakter war der des Koran!” [3] Damit u.a. wissen wir, dass er sein größtes Bekundigungswunder, den Koran, nicht nur kundtat unter den Menschen, sondern diesen auch lebte. Den Propheten verstehen und kennen wir also, wenn wir auch den Koran kennen. Umgekehrt verstehen wir den Koran richtig, wenn wir das Leben und die Sunna des Propheten genauer betrachten.

Verehrte Brüder und Schwestern,

unser Prophet verkörperte den guten Charakter sowie die Werte, die den Menschen zum Menschen machen. Er trat ein für Brüderlichkeit, für Toleranz und Vergebung, für Gerechtigkeit, Aufrichtigkeit, Barmherzigkeit und Mitleid, für Einfühlungsvermögen und Zuvorkommenheit. Nach ihm sollten diese Begriffe auch nie wieder zu bloßen Füllwörtern werden. Er maß den Menschen einen hohen Wert bei. Wenn er jemanden traf auf der Straße, ging er nicht vorbei, ohne zu grüßen. Er schüttelte ihnen die Hand und betete für sie. Im Umgang mit seinen Mitmenschen war er bescheiden. Hochmut traf man bei ihm nicht an. Er warnte auch die Muslime davor, als er sagte: “O ihr Menschen! Ihr seid alle Kinder Adams und Adam ist aus Erde erschaffen. Die Menschen sind einander gleich wie die Zähne eines Kamms. Keiner ist dem anderen überlegen - außer in seiner Frömmigkeit (taqwa). [4]

Diese und noch viele andere Werte lebte er denjenigen, die seiner Botschaft geglaubt haben, vor und gab sie an diese weiter. “Goldene Ära” oder auch “Ära der Glückseligkeit” (asr-ı saadet) nennen wir diese Zeit, in der die Gefährten des Propheten gelebt haben, die ihn richtig verstanden haben und seinen Ermahnungen gefolgt sind.

Verehrte Gläubige,

wenn wir uns eine glückliche Familie und ein glückliches Heim wünschen, wenn wir Ehepartner wollen, die uns verstehen, gute und wohlerzogene Kinder, Nachbarn, vor denen jeder in Sicherheit ist und niemand einen Schaden zu befürchten hat, wenn wir uns also nach dieser “goldenen Ära” sehnen und uns eine insgesamt menschenfreundlichere Welt wünschen, müssen auch wir unseren Propheten und seine universelle Botschaft richtig verstehen und diese auch und gerade an unsere Mitmenschen weiter geben. So lautet das Thema der diesjährigen Gedenkwoche “Unser Prophet (s.a.w.) und sein Verständndis von Brüderlichkeit”.

Zusammengefasst lässt sich dieses Verständnis darstellen mit folgendem Hadis und den darin enthaltenen einzigartigen Ermahnungen: “Gebt Mutmaßungen keinen Raum. Denn Mutmaßungen sind der Wörter gelogenste. Stöbert nicht nach den Geheimnissen anderer. Konkurriert nicht miteinander. Neidet einander nicht und macht euch nicht gegenseitig das Leben schwer. Kehrt einander nicht den Rücken zu. O ihr Diener Allahs! Seid einander Geschwister wie Allah euch befohlen. Denn Muslime sind einander Geschwister. Sie tun einander weder Unrecht, noch lassen sie den anderen im Stich. Sie geringschätzen einander auch nicht. Als Übel reicht es einem Muslim, wenn er seinen Bruder oder seine Schwester im Glauben geringschätzt. Jedem Muslim ist der Besitz, das Blut und die Ehre eines anderen Muslims verboten (haram). Allah schaut weder auf eure Gestalt noch auf eure äußere Erscheinung. Er schaut nur auf eure Herzen. Hier sitzt die Frömmigkeit (er zeigt mit seiner Hand auf sein Herz). Und wehe, wenn der eine von euch den Handel des anderen überbietet. O ihr Diener Allahs, seid einander wie Geschwister. Ein Muslim darf einem anderen Muslim nicht länger als drei Tage das Wort verwehren. Wenn er dies tut, ist es haram.“ [5]


[1] Enbiya, 21/107
[2] Muwatta, Husnu’l-Chulk,1, H. No: 8, II, 904; Ahmed b. Hanbel, Musned, c. 2, s: 5: 381.
[3] Muslim, Kitabu Salati’l-Musafirin, 139; Nesai, Qiyamu’l-Leyl, 2.
[4] Tirmizi, Sünen, Menaqıb 73; Ahmed b. Hanbel, Musned, 2/ 361 ,524.
[5] Buchari, Nikah 45, Edeb 57, 58, Feraiz 2; Muslim, Birr 28–34, (2563–2564); Ebu Davud, Edeb 40, 56.

Abdullah ÖZMEN
Religionsbeauftragter der Eyüp Sultan Camii in Werdohl


2012-04-13    


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