Freitagspredigt

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Die Aneignung der vergebenden Eigenschaft Allahs, des Allmächtigen
(03.11.2023)

Geschwister! Werte Gläubige!

Als unser geliebter Prophet (s) nach Mekka zurückkehrte, das er aufgrund von Unterdrückung und Verfolgung verlassen musste, fragte er diejenigen, die ihm verschiedene Arten von Qualen zugefügt hatten: „O Volk der Quraysch! Was erwartet ihr nun von mir, wie soll ich euch behandeln?“ In tiefer Verlegenheit antworteten die Mekkaner: „Wir erwarten Gunst von dir. Denn du bist ein edelmütiger Bruder, ein Sohn eines edlen Bruders.“ Der Prophet der Barmherzigkeit erfüllte wie immer die Notwendigkeit des Muslimseins und die Erfordernis, das zu tun, was ihm geziemt. Er antwortete der ängstlich wartenden Menge mit den folgenden Worten voller Gnade: „Dann sage ich zu euch, was der Prophet Yusuf zu seinen Brüdern sagte“; er rezitierte den Vers: „(…) Heute soll euch kein Tadel treffen! Allah verzeiht euch, und Er ist der Barmherzigste der Barmherzigen“1 und sagte dann: „Nun geht, ihr seid alle frei.“2

Der edle Prophet Yusuf (as) hat seinen eigenen Brüdern, die ihn in den Tiefen eines Brunnens zum Sterben zurückgelassen hatten, vergeben. Auf dieselbe Art und Weise öffnete der Prophet Muhammed (s), der Prophet der Barmherzigkeit, die Tore der Vergebung für die Mekkaner, die ihn selbst und die Gläubigen jahrelang gequält hatten. Mit dieser schönen Handlungsweise lehrte unser Prophet die ganze Menschheit, dass die Erwiderung des Bösen mit Gutem sowie die Vergebung ein Gegenmittel sind, um Hass in Liebe, Krieg in Frieden und Feindschaft in Freundschaft zu verwandeln.

Verehrte Gläubige!

„Zu vergeben“ bedeutet „zu beseitigen“. Es bedeutet, den Groll zu beseitigen, die Vergeltung zu beseitigen, die Feindschaft und den Hass zu beseitigen. Selbstverständlich gleicht das Verzeihen von Vergehen und Fehlern nicht die erlebten negativen Umstände vollständig aus, aber es beseitigt gewiss Zorn und Feindseligkeit. Womöglich lässt das Verzeihen von Vergehen und Fehlern uns diese nicht vergessen, jedoch löscht es die Spuren von Hass und Rache und verhindert mögliches zukünftiges Leid.

Dass ein Gläubiger einem anderen vergibt, ist eigentlich ein Erfordernis dafür, sich die vergebende Eigenschaft Allahs, des Allmächtigen, anzueignen. Denn Allah liebt die Vergebung sehr.3 So wie unser Herr seinen Dienern als Ausdruck seiner Barmherzigkeit und Güte vergibt, sollten die Diener ihr Bestes tun, um von dieser Eigenschaft ihres Herrn anzueignen. Aus diesem Grund muss die Person, die möchte, dass Allah ihr vergibt, zuerst selbst in der Lage sein, die Mängel und Fehler anderer zu vergeben. Unser Herr, der Allmächtige, verkündet: „Ob ihr (etwas) Gutes kundtut oder (es) verbergt oder Böses vergebt - gewiss, Allah ist Allverzeihend (…)“4 Gemäß diesem Vers ist das göttliche Gesetz eindeutig: „Wer vergibt, dem wird vergeben.“

Werte Geschwister!

„Wizr“, das arabische Wort für „Sünde“, bedeutet zugleich „Last“. Wenn Allah die Sünden Seines Dieners vergibt und diese von seiner Seele tilgt, nimmt Er ihm daher eigentlich die Last vom Herzen. So ist es auch mit der Vergebung von Menschen. Einerseits bereinigt die Vergebung unsere Herzen von Gefühlen wie Zorn, Feindschaft und Rache, und andererseits erleichtert sie die schwere Last dieser üblen Gefühle, die unsere Herzen beschatten. Sie ermöglicht ein warmes und gesundes Kommunikationsumfeld. Außerdem macht die Vergebung den Menschen stark, respektabel und ehrenhaft. In den Worten unseres Propheten: „(…) Allah mehrt dem Diener, der vergibt, nichts anderes als seine Ehre (…)“5

Wie bedeutungsvoll es doch ist, dass „jemandem Güte zu erweisen“ sowohl „zu vergeben“ als auch „ohne die Erwartung einer Gegenleistung Gutes zu tun“ bedeutet. Zu vergeben ist in gewisser Weise eine Wohltat. Wer vergibt, tut sich selbst etwas Gutes, denn er bereinigt seine Innenwelt von Gefühlen des Grolls, des Hasses und der Feindschaft. Wer verzeiht, verursacht zudem keine sozialen Unruhen, da er nicht auf Rache gegen den Täter sinnt, und so tut er auch der Gesellschaft etwas Gutes.

O Allah! Schenke uns ein weites Herz, das Fehler und Mängel verzeihen kann! O Allah! Mache uns zu den Dienern, die dem Vers „(…) Darum vergib in schöner Vergebung.“6 Folge leisten und so die Herzen erobern! O Allah! Bereichere uns mit der prophetischen Tugend, auf das Üble, das uns widerfährt, mit dem besten Verhalten reagieren zu können, das einem Muslim geziemt! O Allah, lasse uns als Muslime nicht von der Mäßigkeit und dem gesunden Menschenverstand abkommen! Wir wiederholen unser Bittgebet, dass Frieden und Wohlbefindenauf der ganzen Welt herrschen mögen. O Allah, nehme unser Gebet an!
 

Die DITIB-Predigtkommission

 

1 Koran, Yusuf, 12/92.                                                           
2 al-Bayhaqi, Sunan al-Kubra, IX, 195.    
3 Tirmidhi, Da’awat, 84. 
4 Koran, an-Nisa, 4/149.            
5 Muslim, Birr, 69.
6 Koran, al-Hidschr, 85.

 

2023-11-03    


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