Freitagspredigt

PDF-Dosyası Freitagspredigt (PDF)

Freitagspredigt in Deutscher Gebärdensprache (DGS)
Bitte klicken um das Video anzusehen!

Politur des Herzens: Reumütige Bitte um Vergebung und Verzeihung (Tawba und Istigfar)
(28.10.2022)

Meine werten Geschwister!

Tawba, die reumütige Bitte um Vergebung ist ein koranischer Begriff mit der Bedeutung: “sich wenden, abwenden”. Die Erkenntnis eines Menschen, dass er sich auf einem falschen Weg fortbewegt und die Abänderung seiner Gangart, indem er sich auf den rechten Weg hinwendet, wird “Tawba” genannt. Tawba ist nich nur ein Wort, das mit der Zunge aufgesagt wird. Vielmehr ist es ein Zustand der Hinwendung in die richtige Richtung. Aus diesem Grund ist es nicht ausreichend, für eine begangene Sünde lediglich zu sagen: “ich empfinde Reue”. Reue im wahren Sinne ist möglich, indem man sich vom begangenen Fehler aufrichtig abwendet.

Lassen sie uns versuchen, den Begriff Tawba mit einem Gleichnis von unserem Propheten (s) zu verstehen. Darin vergleicht er die Welt mit einem Weg und den Menschen mit einem Reisenden: Bis jeder Mensch seine pysische und geistige Reife erlangt, ähnelt er sich einem Reisenden auf seiem Lebensweg, der auf der Hinterbank eines Fahrzeugs sitzt und sich in jene Richtung fortbewegt, wohin das Lekrad hinbewegt wird. Mit dem Erreichen der Pubertät setzt sich jedoch das Individuum selbst an das Lenkrad. Ab dann wird es zu einem Subjekt, das von seinen Willensbestimmungen verantwortlich ist. Es hat dann den Schlüssel in der Hand, das Lenkrad des Lebens in seinen Handballen. Auf dieser schwierigen Reise liegt es in seiner Macht, vorwärts oder zurück zu gehen; nach rechts oder links zu drehen; schneller oder langsamer zu werden.

Der Diener Allahs ist auf diesem schwierigen Prozess nicht allein. Ihm wurde ein wegweisender göttlicher Routenplan, der während seiner ganzen Reise keinesfalls von seiner Aktualität einbüßt, anvertraut. Der edle Koran ist für jeden Menschen mit Verantwortungsbewusstsein ein Weggefährte, ein Wegweiser und eine Navigation. Der Diener, der Allahs Worten nicht vertraute und sich von der Lüge des Teufels verführen ließ, wird daher sowohl Fehler machen und als auch auf falsche Wege abdriften. Wenn er bemerkt, dass er vom rechten Weg abgekommen ist, hat er zwei Möglichkeiten der Auswahl vor sich: entweder handelt er wie der Prophet Adam (s), der seinen Fehler eingestand und sich wieder auf den rechten Weg begibt; oder er handelt wie der Teufel, der auf seinem Fehler beharrte und auf dem Holzweg weiterhin fortschreitete. Eben die Abkehr des Dieners vom falschen Weg und das Einlenken vom Lenkrad des Lebens in die richtige Richtung wird “Tawba” genannt.

Der aufrichtig sowie entschlossen dargebrachten Reumütigkeit (Tawba) und Bitte um Vergebung (Istigfar) entkommt keine in unserem Tatenbuch befindliche Sünde und wird somit getilgt. Der erhabene Allah formuliert diese Verheißung wie folgt: „Gläubige! Wendet euch zu Allah in aufrichtiger Bekehrung; vielleicht deckt Allah eure Missetaten zu und führt euch ein in Gärten, durcheilt von Bächen. […]“1

Meine Geschwister!

Unser Prophet (s) bringt zum Ausdruck, dass jede begangene Sünde schwarze Flecken im Herzen der Person hinterlassen wird; Bei Reumütigkeit hingegen wird der Diener von diesen Flecken geläutert werden. Er verglich die Reumütigkeit und Bitte um Vergebung, die die Person von spirituellen Unreinheiten reinigt, mit einer Politur, die die Herzen zum Glänzen bringt.2 In einem anderen Hadis hingegen bringt er zum Ausdruck, dass jeder Mensch Fehler begeht; Die besten von den Fehler begehenden Personen sind jedoch diejenigen, die viel Reue (Tawba) zeigen werden.3

Wie sollte also die Reue (Tawba) sein? Lassen sie uns die Antwort dieser Frage aus dem Koran lernen: In einem edlen Vers sagt der erhabene Allah: “Wer aber nach seiner Sünde umkehrt und sich bessert, dem wendet sich auch Allah zu; Allah ist verzeihend und barmherzig.”4 Damit knüpfte Allah die Akzeptanz der Reumütigkeit an die Bedingung, den Fehler zu beseitigen und den zugefügten Schaden zu entschädigen. Folglich bedeutet dies, dass die Reumütigkeit (Tawba) von der begangenen Sünde durch Beeinträchtigung des Rechts einer Person nicht akzeptiert wird, bevor jene Person entschädigt wird. Die Reumütigkeit (Tawba) eines Diebes ist möglich, indem das Diebesgut zurückgegeben wird. Die Reumütigkeit (Tawba) eines Lügners ist möglich, indem die Wahrheiten aufgetischt werden. Die Reumütigkeit desjenigen, der durch unsere Hand geschädigt wird, kann nicht mit Worten unserer Zunge entschädigt werden. Die Versöhnung einer Verleumdung in der Öffentlichkeit kann nicht unter vier Augen hergestellt werden. Die Versöhnung einer Lüge oder einer Beleidigung in den Sozialen Medien kann nicht durch das Versenden von privaten Mitteilungen an jene Person hergestellt werden.

Es wird gesagt: “Der Mensch ertrinkt nicht deshalb, weil er in das Wasser gefallen ist, sondern weil er nicht aus dem Wasser entkommen kann.” Lassen sie uns nicht vergessen, dass der Diener Allahs auch nicht deshalb verliert, weil er in Sünde verfällt, sondern weil er der Sünde nicht entkommt.

Möge uns der erhabene Allah eine Willenskraft schenken, womit wir jedes Mal, wenn wir von unserem Weg abirren und aus dem Sumpf der Sünde herauskommen, uns erneut Auswege zeigen, womit wir uns zum richtigen Weg hinwenden. Amin.


Die DITIB-Predigtkommission

 

1 Koran, at-Tahrim, 66/8.                                                                          
2 Ibn Madscha, Zuhd, 29.  
3 Tirmidhi, Qiyama, 49.              
4 Koran, al-Maida, 5/39.

2022-10-28    


Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form ohne schriftliche Genehmigung der DITIB reproduziert, vervielfältigt oder verarbeitet werden.

Archiv 2007-2008  | 2009-2010