2025-06-04 | Botschaft
Das Opfern (Kurban) ist ein uralter Gottesdienst, dessen Wurzeln bis zu Adam (a.s.) zurückreichen und die so alt ist wie die Menschheit selbst. Wie bei jedem Gottesdienst hat auch das Opferritual einen äußeren und einen inneren Aspekt. Bei den Opfertieren werden bestimmte Bedingungen wie Gesundheit, Wohlgenährtheit und Makellosigkeit verlangt; ebenso gibt es spirituelle Eigenschaften, die der Gläubige besitzen sollte, der das Opfer vollzieht. Denn diese Handlung, die darauf abzielt, sich Allah zu nähern, ist nicht nur eine äußere Tat, sondern auch der Ausdruck eines inneren Zustands, einer Herzenshingabe. Wenn der Gläubige opfert, sollte er nicht nur ein Tier schächten, sondern auch die Absicht haben, seine weltlichen Begierden, seinen Egoismus, seinen Stolz, seinen Neid und seine Gleichgültigkeit zu opfern.
Die Bereitschaft Abrahams (a.s.), auf Allahs Geheiß hin seinen geliebten Sohn Ismael (a.s.) zu opfern, ist eine der tiefgreifendsten Szenen der Hingabe in der Menschheitsgeschichte. Dieses Ereignis ist nicht nur eine Vater-Sohn-Geschichte, sondern ein unvergessliches Beispiel dafür, wie Herz, Ego und Verstand sich dem göttlichen Willen unterwerfen können.
Das Opferfest stellt uns jedes Jahr erneut die erschütternde Frage: „Was kann ich für Allah opfern? Welche meiner Besitztümer, Leidenschaften oder Gewohnheiten bin ich bereit, für Sein Wohlgefallen aufzugeben?“ Diese Fragen berühren den Menschen in seiner Tiefe. Sie erforschen die verborgensten Winkel des Herzens und laden zur Auseinandersetzung mit dem eigenen Ego ein. Denn das wahre Opfer besteht nicht nur im Schlachten eines Tieres, sondern auch darin, den inneren Egoismus, die Gier, die Leidenschaften und die weltlichen Bindungen zu durchtrennen. Hingabe ist keine Tugend, die nur Abraham (a.s.) auszeichnete, sondern ein Bewusstsein, das im Herzen jedes Gläubigen wachsen sollte. Und das Fest ist ein Aufruf, dieses Bewusstsein neu zu beleben.
„Kurban“ bedeutet wörtlich „sich nähern“. Das Opferfest ist eine gesegnete Zeit, in der sich der Gläubige mit aufrichtiger Hingabe seinem Schöpfer nähert und Ergebung sowie Gottesfurcht ihren Höhepunkt erreichen. Das geopferte Tier ist nur ein Symbol dieser Annäherung. Unser erhabener Schöpfer sagt im Heiligen Koran: „Weder ihr Fleisch noch ihr Blut erreicht Allah, sondern eure Gottesfurcht erreicht Ihn.“ (Sure Hadsch, 22:37) Diese göttliche Botschaft erinnert uns daran, dass der Wert des Opfers nicht in seiner äußeren Form liegt, sondern in der Taqwa, einer aufrichtigen Gottesfurcht und Hingabe. Das wahre Opfer ist die Aufopferung, die mit der Absicht geschieht, sich Allah zu nähern. Mit dieser Hinwendung beginnt eine innere Reinigung: Das Herz wird weich, die Seele findet Frieden, und die Fesseln des Egos brechen. Dann wird das Opfer nicht nur zu einem Gottesdienst, sondern zu einer Läuterung und Wiedergeburt.
Das Opferfest ist zugleich ein Fest des Teilens, der Geschwisterlichkeit und der Barmherzigkeit. Die Verteilung des Opferfleisches an Bedürftige ist nicht nur eine materielle Gabe, sondern öffnet eine Tür in den Herzen. Denn Geben reinigt das Herz und bereichert die Seele. Es ist das Gegenmittel gegen Geiz und Selbstsucht. Solange der Mensch „die gebende Hand“ ist, schenkt Allah seinem Herzen Frieden. Denn wahrer Reichtum misst sich nicht an angesammeltem Besitz, sondern an dem, was aus dem Herzen strömt.
Als Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB) arbeiten wir in Kooperation mit der Türkiye Diyanet Stiftung auch dieses Jahr mit ganzer Kraft daran, eine vertrauenswürdige Brücke zwischen Gebenden und Empfangenden zu sein. Wir reisen über Kontinente, durchqueren Länder, erreichen Stadt für Stadt, Dorf für Dorf und strecken unsere Hand allen Bedürftigen entgegen. Unter dem Motto „Teile deine Opfergabe; Nähere dich deinen Geschwistern“ setzen wir uns mit aller Kraft dafür ein, den Unterdrückten, Leidenden und Bedürftigen weltweit Hoffnung zu schenken. Unser Weg ist lang, unsere Verantwortung groß, doch mit der Kraft, die uns unser Schöpfer gibt, und mit Ihrer Unterstützung glauben wir, jede Herausforderung zu meistern. Möge Allah uns zu Dienern machen, die mit Gottesfurcht handeln, gewissenhaft und mitfühlend sind. Möge uns Allah vor Fehlern bewahren und unser Leben mit Verantwortung und Schönheit erfüllen.
Mit diesen Gedanken und Gebeten wünsche ich von ganzem Herzen, dass das Opferfest, das wir am Freitag, dem 6. Juni 2025, begehen werden, zu Segen, Güte und Schönheit führt. Ich bete zum erhabenen Allah, dass dieses Fest unseren Herzen, unseren Familien, unseren Nachbarn, unserem Land und der ganzen Welt Frieden, Wohlbefinden und Glück bringt.
Dr. Muharrem Kuzey
DITIB Bundesvorsitzender