Predigt zum Opferfest

Das Opferfest


بِسْمِ اللهِ الْرَّحمَنِ الْرَّحِيمِ
لَنْ يَنَالَ اللّٰهَ لُحُومُهَا وَلَا دِمَاؤُهَا وَلٰكِنْ يَنَالُهُ التَّقْوٰى مِنْكُمْ

Bismillāhirrahmānirrahīm
[Im Namen Allahs, des Erbarmers, des Barmherzigen]
“Weder erreicht Allah ihr Fleisch, noch ihr Blut. Es erreicht Ihn aber eure Frömmigkeit.”

[Sure Hadsch, Vers 37]


قَالَ رَسُولُ اللهِ صَلَّى اللهُ عَلَيْهِ  وَ سَلَّمَ:

 مَنْ كَانَ لَهُ سَعَةٌ وَ لَمْ يُضَحِّ فَلاَ يَقْرَبَنَّ مُصَلاَّنَا

Unser Prophet (s.a.v.) sagte:
“Wer kein Opfer darbringt, obwohl er hierzu im Stande ist, der soll sich unserer Gebetsstätte nicht nähern.“


[Abū Dāwūd, Salāt, 239]


Verehrte Muslime,

unendlicher Dank sei unserem erhabenen Herrn, dass Er uns ein weiteres Opferfest erleben lässt. Denn unsere religiösen Hochfeste sind uns Tage der Barmherzigkeit und des Segens, da wir uns unserer religiösen Gefühle wieder stärker bewusst werden und in diesem Bewusstsein auch wieder stärker zusammen rücken als Gläubige.

Und unnendliche Salāt und Salām: unendliche Segenswünsche seien an diesem Morgen auf den wahren Freund Allahs, auf den Propheten Abraham (a.s.) sowie auf Ismael (a.s.), der sich dem Willen Allahs fügte und sich - rein um Seines Wohlwollens willen - bereitwillig als Opfer hingab. Und schließlich seien unendliche Salāt und Salām auf unseren Propheten Muhammed (s.a.w.), der diese Verbundenheit und Hingabe seiner Ahnen den Muslimen zum religiösen Hochfest machte.

Seinen Namen aber auch seinen religiösen Wert hat das Opferfest vom Gottesdienst des Tieropfers (kurban, adāhī, اضاحي ). Es reicht zurück bis in die Zeiten des Propheten Adam (a.s.) und hat uns als solches erreicht über das vorbildhafte Vorgehen des Propheten Abraham (a.s.) und schließlich die Praxis unseres Propheten Muhammed (s.a.w.). Es steht als Symbol für den Versuch des Menschen, sich seinem Schöpfer zu nähern und für die Bereitschaft, Ihm sein eigen Fleisch und Blut und damit sich selbst zu opfern.

Verehrte Gläubige,

das Tieropfer ist mit anderen Worten Ausdruck unseres aufrichtigen und unbedingten Glaubens an Allah - unserer Bereitschaft, uns Ihm zu opfern sowie unserer Freigebigkeit und Ergebenheit. So heißt es hierzu im eingangs vorgetragenen Koranvers: “Weder erreicht Allah ihr Fleisch, noch ihr Blut. Es erreicht Ihn aber eure Frömmigkeit.” [1] Gemahnt hat uns zu diesem Gottesdienst auch unser Prophet (s.a.w.). Folgende Worte sind von ihm hierzu überliefert: “Wer kein Opfer darbringt, obwohl er hierzu im Stande ist, der soll sich unserer Gebetsstätte nicht nähern.“ [2]„Mir wurde befohlen, die Tage des Opferns zum religiösen Hochfest zu machen. Allah hat diese Tage als Hochfest für diese Gemeinschaft bestimmt. So bringt Tieropfer dar. Denn dies ist die Tradition eures Ahnen Abraham.“ [3]


Heute haben wir Anlass zum Stolz wie zur Freude. Wir sollten diese teilen und an diesen Tagen all diejenigen erfreuen, die dies wieder von uns erwarten, ja sogar ein Anrecht darauf haben: unsere Nachbarn, unsere Eltern, unsere Kinder und unsere Familie insgesamt. Wir sollten in diesen Tagen auch ruhig unsere Liebe für unsere Nächsten kundtun, sie dies auch wissen lassen. Denn es sind die schönen Worte und Gesten, die ein religiöses Hochfest zu einem solchen machen. Die Gebete, derer wir uns wieder versichern, wenn wir unsere Nächsten besuchen und damit den Segen des Festes: den Frieden und die Eintracht, die Freuden und das Gefühl für geschwisterliche Verbundenheit von Haus zu Haus tragen. Die Herzen, die wir dadurch gewinnen - vielleicht wieder gewinnen. Denn nichts liegt auf dem Gemüt eines Muslims so schwer, wie der Bruch mit seinem Glaubensbruder. Dafür sollten wir diese Tage jetzt insbesondere nutzen und gegebenenfalls den ersten Schritt machen und aufsuchen, wer da gekränkten Herzens auf eine Entschuldigung wartet. Im Namen einer guten Nachbarschaft, guter verwandtschaftlicher Beziehungen und der Freundschaft, Allem voran aber um des Wohlwollen Allahs willen, sollten wir uns dafür nicht zu schade sein. Schade wäre es vielmehr, wenn wir das schönste und bedeutendste Hochfest der Welt verlieren an so etwas Bedeutungsloses wie den Trieb unserer Seele.

Verehrte Gläubige,

an diesem schönen Morgen sollten wir aber auch einer anderen, traurigen aber existenten Realität in die Augen blicken. Sie wundet unsere frohgemuten und gläubigen Herzen in diesen Tagen besonders. Denn, während wir uns hier zum Festgebet versammelt haben und uns gleich den Freuden des Festes übergeben werden, gibt es unter den Muslimen weltweit solche, die zu verwundet sind, um diese Freuden zu spüren, zu müde, arm oder Sorgen beladen sich quälen mit ihren Problemen. Solche, die sich danach sehnen ihre religiösen Feste in Freude zu begehen, da sie diese nur noch erleben im Schatten von Krieg und Gewalt, von wirtschaftlichen Nöten und Armut. An diesem Morgen sollten wir ihre Not besonders spüren in unseren Herzen. Und beten für all die Gläubigen in Not.

Verehrte Gemeinde,

möge Allah all unsere Ritual- und Bittgebete, all die Lobpreisungen Allahs, die wir beginnend mit dem Morgengebet am Arafa-Tag bis zum Nachmittagsgebet des vierten Festtags nach den Ritualgebeten sprechen (teşrik tekbiri, takbīrāt ayyām at-taschrīq, تكبيرات ايام التشريق ) sowie unsere dargebrachten Tieropfer annehmen. Möge Er den Hadsch von Millionen Geschwistern im Glauben, die gerade die Waqfa zu Arafat abhalten oder die Kaaba umrunden, annehmen.

In der Hoffnung auf eine Welt, in der Frieden und Eintracht herrschen, in der die Waisen erfreut, die Bedürftigen bedacht und die Wunden versorgt werden, wünsche ich uns allen noch viele solche Festtage.

[1] Hadsch, 22/37.
[2] Abū Dāwūd, Salāt, 239.
[3] Tirmizī, Adāhī, 1.

Mehmet AKBULUT
Religionsbeauftragter der DITIB Ulu-Moschee in Sindelfingen

2012-10-25    


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