Freitagspredigt

 … und ermahnet einander zum Rechten

بِسْمِ اللهِ الْرَّحمَنِ الْرَّحِيمِ
كُنتُمْ خَيرَ أُمَّةٍ أُخْرِجَتْ لِلنَّاسِ تَأْمُرُونَ بِالْمَعْرُوفِ وَتَنْهَوْنَ عَنِ الْمُنكَرِ وَتُؤْمِنُونَ بِاللّهِ


Bismillāhirrahmānirrahīm

[Im Namen Allahs, des Erbarmers, des Barmherzigen]
“Ihr seid die beste Gemeinschaft, die für die Menschen hervorgebracht wurde. Ihr ermahnet zum Rechten, verbietet das Schlechte und glaubt an Allah.“

[Sure Āl Imrān, Vers 110]


Verehrte Muslime,

Muslime fühlen sich verantwortlich füreinander. Sie ermahnen einander wohlmeinend, wenn sie Dinge sehen und hören, die sie nicht gutheißen können. Die islamische Literatur spricht hier von “wohlmeinender Ermahnung” (nasīhat) oder der “Ermahnung zum Rechten” (amr bil-ma’rūf).

Denn der Koran lässt uns wissen, dass Gläubige einander Geschwister sind. [1] Und weiter lässt er uns wissen: “Ihr seid die beste Gemeinschaft, die für die Menschen hervorgebracht wurde. Ihr ermahnet zum Rechten, verbietet das Schlechte und glaubt an Allah.“ [2] Wir sind demnach einander nicht nur Geschwister, sondern als solche auch in der Pflicht einander - falls nötig - zu ermahnen, ja zu warnen und den richtigen Weg zu weisen.

Muslime, die einander wohlmeinend ermahnen, helfen damit einander zum Glück im Dies- und Jenseits. Denn sie bewahren sich damit davor, zu handeln nach den Begierden und Eingebungen ihrer Triebseele. Die beiden Hauptquellen des Islam: Koran und Sunna sind den Muslimen dabei die wichtigsten Quellen dieser Ermahnung.

Verehrte Gläubige,

diese Verantwortung zum Ermahnen weist uns auch auf etwas anderes hin. Dass wir nämlich nicht nur an uns selbst denken können oder dürfen. Dass wir als Muslime vielmehr Verantwortung tragen auch für die Gesellschaft. Ein: “Was interessiert mich das. Jeder muss sich selbst verantworten für das, was er macht!” - oder: “Solange es mir nicht schadet, soll jeder das machen, wozu er Lust hat.” sind daher keine legitimen Handlungsmuster für Muslime. Denn sie sind eine “Umma”, eine Gemeinschaft. Sie sind die “Umma”, die Gemeinschaft Muhammeds (s.a.w.). Das arabische Wort “Umma” wiederum, leitet sich ab von “Umm”: Mutter! Vom Sinnbild also für Liebe, Barmherzigkeit und Aufopferungsbereitschaft. Denn um diese Werte will der Islam seine Anhänger zusammen kommen sehen. Von diesen Werten zusammen gehalten, ihre Beziehungen von diesen Gefühlen dominiert wissen.

Unser Prophet (s.a.w.) erklärte die Bedeutung der wohlmeinenden Ermahnung unter Muslimen dereinst mit folgender Parabel: “Den Passagieren eines Schiffes werden ihre Plätze per Los zugeteilt: Eine Gruppe kommt an Deck des Schiffes - die andere unter Deck. Die Passagiere unter Deck haben hier kein Wasser und müssen jedesmal hoch, wenn sie Wasser brauchen. In der Folge kommt die Überlegung auf, ein Loch zu bohren unter Deck, um die Passagiere oben nicht jedesmal zu stören und stattdessen von hier Wasser zu schöpfen. Wenn die Passagiere oben nun bemerken, dass unter Deck ein Loch gebohrt wird, hier aber nicht eingreifen, wird das Schiff mit Wasser voll laufen und schließlich untergehen. Und mit dem Schiff nicht nur diejenigen, die das Loch begohrt haben, sondern auch diejenigen, die dies bemerkt, aber nicht eingegriffen haben. Greifen sie aber ein und hindern die Leute unter Deck daran, ein Loch in das Schiff zu bohren, werden sie sowohl sich selbst retten als auch die anderen.” [3]

Verehrte Brüder und Schwestern,

der Koran fordert den Propheten (s.a.w.) auf wie folgt: “Doch ermahne du weiterhin. Denn Ermahnung ist den Gläubigen von Nutzen.” [4]

Unsere Mitmenschen - und hier alle voran unsere Nächsten - wohlwollend zu ermahnen, ihnen das Rechte und damit den rechten Weg zu weisen ist uns allen eine spirituell-geistige Verantwortung. Möge unser Herr uns zu jenen schlagen, die den Einzig Wahren recht verstehen und Ihm folgen.

[1] Hudschurāt, 49/10.
[2] Āl Imrān, 3/110.
[3] Buchārī, Schirka, 6.
[4] Zāriyāt, 51/55.

Abdusselam ÖZDERE
Religionsbeauftragter der DITIB-Zentralmoschee in Solingen
2012-07-13    


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