Freitagspredigt

Die nächtliche Himmelfahrt des Propheten (s.a.w.) – Mi’rādsch


بِسْمِ اللهِ الْرَّحمَنِ الْرَّحِيمِ
 سُبْحَانَ الَّذِي أَسْرَى بِعَبْدِهِ لَيْلاً مِّنَ الْمَسْجِدِ الحَرَامِ
إِِلى الْمَسْجِدِ الأَقْصَى الَّذِي بَارَكْنَا حَوْلَهُ لِنُرِيَهُ مِنْ آيَاتِنَا
إِنَّهُ هُوَ السَّمِيعُ البَصِيرُ

Bismillāhirrahmānirrahīm
[Im Namen Allahs, des Erbarmers, des Barmherzigen]
“Gepriesen sei der, der seinen Diener (Muhammed) des Nachts von der Heiligen Gebetsstätte (der Kaaba) zur Fernen Gebetsstätte (zur al-Aqsa) gebracht hat, deren Umgebung Wir gesegnet haben, um ihm von Unseren Zeichen zu zeigen. Er ist wahrlich der wohl Hörende, der wohl Sehende.”

[Sure Isrā, Vers 1]

Verehrte Muslime,

in der Nacht vom 16. auf den 17. Juni begehen wir nach islamischem Kalender den 27. Radschab und damit die Nacht der Himmelfahrt unseres Propheten, die Mi’rādsch-Nacht. In dieser Nacht wurde unser Prophet (s.a.w.) des Nachts von Mekka zur Al-Aqsa in Jerusalem gebracht und von dort in die Himmel. Eine Gunst, die Allah einzig unserem Propheten Muhammed (s.a.w.) hat zuteil werden lassen - und damit eine bedeutende Station und Erfahrung in seinem Leben.

Die Himmelsreise begab sich etwa anderthalb Jahre vor der Hidschra. Es war eine schwierige Zeit für den Propheten (s.a.w.) – sie sollte später auch eingehen in die Geschichte als “das Jahr der Trauer”: sein Onkel Abu Talib sowie seine Ehefrau Hatidscha (r.a.) waren verstorben, und die Mekkaner setzten der Gemeinde stark zu. Die Muslime waren hier einer derart starken Unterdrückung ausgesetzt, dass einige von ihnen sich zuletzt genötigt sahen, nach Abessinien auszuwandern, um den Repressalien zu entgehen. Eine solche Atmosphäre war es, in der Allah, der Erhabene, seinem Gesandten mit diesem Wunder Trost und spendete.

Über diese segenreiche Nacht, die eine Reihe von göttlichen Geheimnissen und Weisheiten in sich birgt, heißt es im Koran: “Gepriesen sei der, der seinen Diener (Muhammed) des Nachts von der Heiligen Gebetsstätte (der Kaaba) zur Fernen Gebetsstätte (zur al-Aqsa) gebracht hat, deren Umgebung Wir gesegnet haben, um ihm von Unseren Zeichen zu zeigen. Er ist wahrlich der wohl Hörende, der wohl Sehende.” [1]

Diese nächtliche Reise des Propheten, von der der Koran spricht und die darauf folgende Himmelfahrt sind beide wundersame Ereignisse, die sich jenseits der Grenzen von Zeit und Ort ereignet haben. Und wundersame Ereignisse lassen sich nicht mit dem Verstand erklären. So glauben auch wir bedingunslos an den Koran und den Überlieferungen des Gesandten, wie es seinerzeit Abu Bakr getan hat. Angesichts der Nachricht über dieses wundersame Erlebnis des Propheten (s.a.w.) fand er nur die Worte: “Wenn er es gesagt hat, wird es wahr sein!”

Verehrte Muslime,

zu den bedeutendsten Geschenken der Himmelfahrt für die Muslime gehört zweifelsohne das Ritualgebet (türk. namaz, arab. salāh). So ist uns das Ritualgebet unsere persönliche Himmelfahrt. Gleich unserem Propheten (s.a.w.), der bei diesem Ereignis auf Allah traf, trifft auch der Gläubige sich - wenn er sich zum Gebet aufstellt - im Geiste mit seinem Herrn – direkt und ohne Mittler. Und die Bedeutung des Ritualgebets für den Gläubigen beschreibt uns der Koran wie folgt: “Verrichte das Gebet! Denn das Gebet hält (die Menschen) ab von Schandbarem und von Übel. Wahrlich, das Gedenken Allahs ist das Größte (unter den Gottesdiensten)." [2]

Zudem wurden in dieser Nacht die letzten beiden Verse der Sure Bakara offenbart und den Menschen die Frohbotschaft gegeben, dass die Sünden derjenigen vergeben werden, die sterben, ohne Allah jemanden beigesellt zu haben. [3]

Verehrte Gemeinde,

diese außergewöhnliche und segenreiche Nacht sollten wir Gläubigen als Anlass nehmen, um uns die Prinzipien nochmal vor Augen zu führen, die der Islam für uns aufgestellt hat und die der Menschheit Glückseligkeit verheißen, so denn sie befolgt werden. Zu diesen gehören, dass wir Allah niemanden beigesellen, Ihm keine Teilhaber zuschreiben und Ihm allein als unserem Herrn dienen. Dass wir die Eltern ehren, sie gut behandeln. Unseren Verwandten zu helfen sowie den Bedürftigen und den auf Reisen mittellos verbliebenen. Dass wir uns fern halten von außerehelichen geschlechtlichen Beziehungen (zinā) und unsere Kinder nicht töten aus Angst vor Armut. Dass wir niemanden töten zu Unrecht und uns nicht an den Rechten und dem Besitz der Waisen vergreifen. Dass wir gerecht vorgehen in Maß und Gewicht und nicht hinterherlaufen Dingen, die wir nicht kennen. Und dass wir nicht stolzieren auf Erden in Hochmut. [4]

Verehrte Gläubige,

eine solch bedeutende Nacht wie diese sollten wir daher nicht unbedacht verstreichen lassen und diese vielmehr als Gelegenheit nutzen auch, um unsere Dankbarkeit unserem Herrn gegenüber zum Ausdruck zu bringen. Dazu gehört auch, dass wir in dieser Nacht Gebete verrichten, den Koran lesen und Allah um Vergebung unserer Sünden bitten. Wir sollten uns selbst nochmal die Bedeutung dieser Nacht vergegenwärtigen und dieses Wissen auch weiter geben an unsere Nächsten.

An dieser Stelle wünsche ich Ihnen allen eine segenreiche Mi’rādsch-Nacht und hoffe, dass sie der islamischen Welt zu Einheit und Zusammenhalt gereicht sowie der ganzen Menschheit zu Frieden und Eintracht.

[1] Isrā, 17/1.
[2] Ankebūt, 29/45.
[3] Musnad, I, 422; Muslim, Imān, 279.
[4] Isrā, 17/22-39.

Predigtkommission DITIB Köln
2012-06-15    


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