Freitagspredigt

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Zivilisationsreise : Die Auswanderung
(09.10.2015)


Meine verehrten Geschwister!

Als islamische Welt erleben wir das Wohlergehen und die Freude, ein neues islamisches Jahr erreicht zu haben. Die Auswanderung als ein Wendepunkt für die Muslime und die eine neue Seite in der Geschichte eröffnete, wurde sie in der Periode des Kalifats von Omar (r.a.) auf Vorschlag von Ali (r.a.) als Beginn des islamischen Kalenders akzeptiert. Zu diesem Anlass gratuliere ich Ihnen zu ihrem neuen islamischen Jahr; Ich wünsche vom erhabenen Allah, dass das islamische Jahr 1437 Anlass für Gutes für unser Land, für die Region unserer Herzen, die islamische Welt und die ganze Menschheit sein möge.

Wie bekannt ist, wurden zur Zeit des Beginns der Verbreitung des Islams unser Prophet (s) und die ersten Muslime in Mekka ständig Ziel für Unterdrückung und Folter. Sie wurden einem sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Embargo ausgesetzt. Die ersten Muslime wanderten zuerst nach Abbesinien (Habeschistan), Unser gesegneter Prophet (s) und seine Gefährten (r.a.) mussten sich von der Stadt, worin sie geboren, groß geworden waren und diesen sehr lieb hatten, sowie von der Kaaba trennen.

Meine Geschwister!

Die Auswanderung, die ein Neubeginn für uns Muslime darstellt, ist ein Ausdruck für die Verbundenheit an Allah und seinen gesegneten Gesandten. Es ist eine Reise zur Gerechtigkeit, Wahrheit, Wissenschaft, Bildung und vor allem eine Reise zur Zivilisation.

Die Auswanderung ist eine belehrende und dornenreiche Geschichte, allein für das Wohlwollen Allahs die Abkehr von Mutter, Vater, Kindern, Geliebtem, Heimat, Hab und Gut, sogar vom Leben in Kauf zu nehmen. Die Auswanderung ist der Inbegriff für die gesegnete Reise, um die mit Barmherzigkeit aufgeladenen Botschaften unserer Religion an die ganze Menschheit zu überbringen.

Die Auswanderung ist der Ausdruck für gegenseitige Hilfe, Solidarität, gegenseitiges Teilen und gegenseitige Geschwisterlichkeit. Es ist das Öffnen des eigenen Schoßes für die Geschwister und das Teilen seines Hauses, Arbeitsplatzes, seiner Speisen und Existenz. Es ist das in Obhut nehmen und das Annehmen seiner Geschwister.

Geschwister!

Eigentlich ist die Auswanderung nach Medina eine Auswanderung zur Zivilisation. Denn mit der Auswanderung unseres Propheten transformierte sich Yathrib (Yesrib) zu Medina. Und Medina hat Zivilisation hervorgebracht. In Medina hat er aus einer Gesellschaft mit Haß-, Groll- und Racheempfindungen zu einer Gesellschaft mit Liebe und Barmherzigkeit transformiert. Er hat aus kaltherzigen Menschen eine Gesellschaft gemacht, die jedes mit Leben erfüllte Wesen, ja sogar auch jeden Gegenstand mit Fürsorglichkeit und Barmherzigkeit behandeln. Er hat sie sowohl aus materieller als auch geistiger Sicht gereinigt. Einer Gesellschaft, in der Gier nach Profit, Beutegier sowie Opportunismus begehrt waren, hat er Werte gelehrt, dass was man sich selbst wünscht, auch für die Geschwister zu wünschen, den anderen anstatt seiner selbst zu bevorzugen sowie ihnen die Geschwisterlichkeit gelehrt. Er hat vorgezeigt, dass man nicht satt umhergehen kann, wobei der eigene Nachbar hungert. Er hat die Aufrichtigkeit, Zuverlässigkeit, das Nichtbetrügen, den erlaubten Verdienst, den Verdienst durch eigenen Schweiß, das Recht und Gesetz, die Wahrhaftigkeit, Gleichheit und Gerechtigkeit gelehrt. Er hat das Gute, die Schönheit, Wohltat, Ethik, Aufrichtigkeit, Reife und Frömmigkeit vorgelebt.

Meine geehrten Geschwister!

Beim Dienst an den Menschen hat unser Prophet das Bewusstsein (Prinzip) des Anvertrauten (Amana) und der Verantwortung sowie der Eignung eingeführt. Er hat eine tugendhafte und moralische Gesellschaft gegründet. Er hat eine vorbildhafte Generation hervorgebracht, die in die Wissenschaft und Weisheit, das Recht und die Wahrheit, das Wissen und das Lernen verliebt war. Arme haben gelernt, dass sie nicht ohne Beschützer sind, Hilfslose haben immer von ihm und seiner praktischen Umsetzung gelernt, dass sie nicht zum Alleinsein verlassen waren. Kurz gesagt, hat er ihnen die Menschenwürde, das menschengerechte Leben, das Muslimsein und die Zivilisation gezeigt, indem er ihnen zeigte, wie eine integre Gesellschaft gebildet werden sollte.

Die zwischen den Helfern (Ansar) und den Ausgewanderten (Muhadschirin) erlebte heldenhafte Geschwisterlichkeit, die vor 1400 Jahren während der Auswanderung der Muslime nach Medina unter der Anweisung unseres für die ganzen Welten gesandten Propheten erlebt wurde, inspiriert -ihre geschichtliche Rolle übernehmend- die heutigen Muslime erneut. Und sie gewährleistet das geschwisterliche Zusammenkommen von Armen, Bedürftigen und Flüchtlingen und verhilft vielen hoffnungslosen Menschen dazu, am Leben festzuhalten.

Meine verehrten Geschwister!

Auf der anderen Seite ist die Auswanderung auch mit ihrer geistigen Dimension ein dynamisches Ereignis. Aus dieser Sicht ist die Auswanderung auch heutzutage ein uns beschäftigendes Thema für uns. Aber diese Auswanderung ist nicht die Suche nach einem auszuwandernden Ort oder einer Heimat; sondern das ständige Eifern in jeder Lage nach dem Guten, noch Besseren, dem noch Schöneren und die Bemühung, den Islam noch inniger zu praktizieren. Auswanderung ist genau der Inbegriff dieser Reise. So wie Abraham (s) es formulierte, gehen wir alle zu unserem Schöpfer Allah zu. Von dieser vergänglichen Welt gehen wir auf eine unendliche reale Welt zu. Die hier gemeinte Auswanderung ist - so wie es unser geliebter Prophet (s) ausdrückt - das Unterlassen der Verbote Allahs.2

Gelobt seien die Auswandernden!
Gelobt seien diejenigen, die in ihren Herzen den Geist der Auswanderung tragen!

 

Die Predigtkomission


1. Ankebût, 29/26.
2. Buhârî, İmân 4.

 

 

2015-10-09    


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