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2021-04-16 | Oberster Religionsrat der DITIB

Macht die Impfung/Coronaimpfung das Fasten ungültig?

Datum: 15/04/2021
Thema: Macht die Impfung/Coronaimpfung das Fasten ungültig?

Als eine der fünf Säulen des Islams ist das Fasten ein Gottesdienst, das durch Verzicht auf Essen, Trinken und Geschlechtsverkehr von der Morgendämmerung bis zum Sonnenuntergang durchgeführt wird. Daher wird das Fasten mit Essen, Trinken oder Geschlechtsverkehr oder als solche zu bewertende Substanzen oder Handlungen ungültig.

Zwischen den Islamgelehrten ist Konsens, dass das Fasten durch die Zufuhr jedweder Substanz sowohl über natürliche Wege als auch durch irgendwelche später eröffneten Wege zum Magen ungültig gemacht wird. Jedoch gibt es über unnatürliche Wege zum Körper zugeführten Substanzen folgende Meinungen:

Während in der hanafitischen Rechtsschule Imam Abu Hanifa die Auffassung vertritt, dass Substanzen, die durch eine Wunde oder eine andere Öffnung in den Körper eintreten und zum Magen oder zum Gehirn gelangen, das Fasten ungültig machen, vertreten Imam Abu Yusuf und Imam Mohammed jedoch die Auffassung, dass das Fasten nicht ungültig wird, da sie hierzu die Unterscheidung der Substanzen machen, die über nicht natürliche Wege in den Körper genommen werden.

Gelehrte der schafiitischen Rechtsschule bringen jedoch zum Ausdruck, dass die Substanzen, die über unnatürliche Wege zum Körper zugeführt werden, nur dann das Fasten ungültig machen, wenn diese [in ihrer ursprünglichen Form] unverändert zum Gehirn, zur Bauchhöhle, zum Darm oder zur Harnblase, die als „jawf“ genannt werden, gelangen müssten. Folglich wird zum Ausdruck gebracht, dass lediglich solche Substanzen das Fasten ungültig machen, die [in ihrer ursprünglichen Form] unverändert dorthin gelangen. Außerdem sind manche schafiitischen Gelehrten der Meinung, dass Substanzen, die keine Nahrungsmittel sind und in das Gehirn gelangen, das Fasten nicht ungültig machen. Folglich machen Medikamente, die in das Ohr getropft werden und in das Gehirn gelangen, nach diesen Gelehrten das Fasten auch nicht ungültig, da diese keine nährende Eigenschaft haben. (Schirbinî, Mughni, II, 155; Haythami, Tuhfa, III, 400-402)

Die Gelehrten der malikitischen und hanbalitischen Rechtsschule berücksichtigen bei der Ungültigkeit des Fastens, ob die von außen zugeführte Substanz zum Magen oder über Regionen wie des Gehirns oder des Halses als Weg zum Magen gelangen. Aus diesem Grund haben sich die Malikiten und Hanbaliten die Auffassung zu eigen gemacht, dass Substanzen, die nicht zum Magen oder zu den als Weg des Magens erachteten Regionen gelangen, das Fasten nicht ungültig machen. (Ibn Ruschd (Averroes), Bidayatu’l-Mudschtahid, II, 52; Kadî Abdulwahhab, al-Ma‘una, s. 466; Ibn Dschuzay, al-Qawaninu’l-Fiqhiyya, s. 80; Ibn Qudame, al-Mughni, III, 121; al-Kafi, I, 440).
 

Fazit
In Anbetracht des Wesens des Fastens ist es bei der Bewertung, ob die Spritze und Impfung das Fasten ungültig machen, notwendig, ihr Einsatzzweck und ob sie eine nährende oder berauschende Eigenschaft hat oder nicht, zu berücksichtigen. Aus diesem Grund machen Injektionen, die nicht nährend oder berauschend sind, oder als Essen und Trinken zu werten sind, das Fasten nicht ungültig. Auch die Coronaimpfung ist in diesem Rahmen zu bewerten und macht das Fasten nicht ungültig. Wenn jedoch der Patient Injektionen in Form von Infusion oder Blutzufuhr, die als nährend oder berauschend zu werten sind, bekommt, wird das Fasten ungültig.

Als Resultat hat unser Rat die Meinungen von Imam Abu Yusuf und Imam Mohammed von der hanafitischen Rechtsschule als Grundlage genommen und unter Berücksichtigung der Meinung der Fachexperten, ob die Injektion einer Impfung/Spritze als Essen oder Trinken zu werten ist oder nicht, geurteilt, dass Impfungen nicht eine nährende oder berauschende Eigenschaft haben und daher das Fasten nicht ungültig machen.

Oberster Religionsrat der DITIB